
goweni | 29. Dezember 14 | Topic 'Lek - und Auditüre'
Oper ist auch eine Auditüre, oder? Also gestern Tannhäuser
Ich hatte mich sehr darauf gefreut. Dann die erste Irritation: Um Wagner gut verstehen zu können, müsse man seine Musik selbst erfahren haben, sagten vier frohgemute Hostessen, deshalb werde also das Publikum aufgefordert erst mal die „Sündenlast-Stelle“ aus dem Pilgerchor zu singen. Nach den ersten perplexen Gesichtern hat man tatsächlich die 8 oder 16 Takte mitgeträllert, deren Partitur auf einer riesigen Leinwand in der Bühne gezeigt wurde. Hatte was. Hat mir richtig Spaß gemacht und ich freute mich auf die Oper.
Pustekuchen. Es gab noch mehr Publikumsbeteiligung. Auch das fand ich noch ganz passend. Zuschauer wurden zu einer Coctailbar, einem Black-Jack-Tisch, einem Friseur-Salon, einem Candle-light-Dinner und einer Stripperin auf die Bühne eingeladen. All das als Kulisse der verschiedenen Bereiche des „Sündenpfuhls“ des Venusberges. Die mittlerweile üblichen Videoinstallationen hätte man sich allerdings sparen können – nunja die Stripperinnen auf den Videos waren besser als das Mädel auf der Bühne. Hätte man denn dafür keine professionelle Pole-Tänzerin engagieren können?
Ja, und dann gings los. Das Thema des Thannhäusers ist doch ein rein psychologisches. D.h. wenn man es nicht wörtlich nehmen will (sicherlich, das wird ganz schnell super kitschig, aber ich wette, Wagner hat sich 100%-ig mit Herrn Thannhäuser identifiziert und das genau SO gemeint...) funktioniert das eben bloß, wenn zeitlose Figuren, quasi Archetypen auf der Bühne stehen. Ich möchte das ganze Geschehen, also lust(sucht)betontes Leben gegen geistiges oder wahres, vielleicht auch normatives Leben als inneren Dialog aufgefasst wissen. Ich möchte einen Thannhäuser sehen, der auf der Bühne hockt, über das Leben nachsinnt und seine Seele sucht. Venus und Elisabeth sind beides er, seine Seele, Wolfram doch auch, der Archetyp "Alter Weiser" oder "väterlicher Freund", die es alle in seine wagnerische Persönlichkeit zu integrieren gilt. Aber ich will definitiv keine Elisabeth als alternativlose Angela Merkel und die Wartburgsänger als Politikerriege von Gabriel über Ströbele bis Steinmeier dargestellt sehen.
Zugegeben das Meiste war gut und folgerichtig durchdacht, hätte aber zehn mal besser als Parodie funktioniert, wenn auch noch die Musik passend arrangiert und um mind. 45 Min gekürzt worden wäre (ein paar Rock-Songs oder Schmuse-Schlager hätte ich mir vorstellen können, vielleicht ein paar Zitate von Klassik-Kollegen.) Aber da traut man sich ja nicht ran. Wahrscheinlich wäre ich vor Lachen unter den Sitz gefallen und hätte am Ende frenetisch bei Standingovations mit den Füßen getrampelt.
Aber so? Ich glaube der Regisseur hat das wirklich ernst gemeint. Ich hätte den Mut haben sollen die Augen zu schließen, um einfach nur die Musik genießen zu können. Dann hätte ich auch nicht jedes Wort von Wagners überkanditeltem, schwurbeligem Text verstanden, was nun mal wahrlich kein Verlust ist... Elisabeth sang einfach fantastisch. Das Orchester hat sich mächtig gesteigert und blitzsaubere Bläserakkorde in den höchsten Höhen hingelegt. (Glückwunsch an alle Flöten!!) Dass manche Arien durch Radau wie Türengeklapper oder fliegende Mülltüten gestört worden ist, wäre dann der einzige Ärger gewesen. Ich muss mir unbedingt, wenn ich wieder zu Hause bin, den Thannhäuser auf dem Sofa liegend zu Gemüte führen, die Augen schließen mich in ein wunderschönes Opernhaus versetzten und meine Inszenierung vor dem geistigen Auge ablaufen lassen. Vielleicht kann ich danach dem Regisseur verzeihen. Er ist ja noch soo jung....Wagner ist halt wie Bach, einfach unkaputtbar. Prost Richie!
Ich hatte mich sehr darauf gefreut. Dann die erste Irritation: Um Wagner gut verstehen zu können, müsse man seine Musik selbst erfahren haben, sagten vier frohgemute Hostessen, deshalb werde also das Publikum aufgefordert erst mal die „Sündenlast-Stelle“ aus dem Pilgerchor zu singen. Nach den ersten perplexen Gesichtern hat man tatsächlich die 8 oder 16 Takte mitgeträllert, deren Partitur auf einer riesigen Leinwand in der Bühne gezeigt wurde. Hatte was. Hat mir richtig Spaß gemacht und ich freute mich auf die Oper.
Pustekuchen. Es gab noch mehr Publikumsbeteiligung. Auch das fand ich noch ganz passend. Zuschauer wurden zu einer Coctailbar, einem Black-Jack-Tisch, einem Friseur-Salon, einem Candle-light-Dinner und einer Stripperin auf die Bühne eingeladen. All das als Kulisse der verschiedenen Bereiche des „Sündenpfuhls“ des Venusberges. Die mittlerweile üblichen Videoinstallationen hätte man sich allerdings sparen können – nunja die Stripperinnen auf den Videos waren besser als das Mädel auf der Bühne. Hätte man denn dafür keine professionelle Pole-Tänzerin engagieren können?
Ja, und dann gings los. Das Thema des Thannhäusers ist doch ein rein psychologisches. D.h. wenn man es nicht wörtlich nehmen will (sicherlich, das wird ganz schnell super kitschig, aber ich wette, Wagner hat sich 100%-ig mit Herrn Thannhäuser identifiziert und das genau SO gemeint...) funktioniert das eben bloß, wenn zeitlose Figuren, quasi Archetypen auf der Bühne stehen. Ich möchte das ganze Geschehen, also lust(sucht)betontes Leben gegen geistiges oder wahres, vielleicht auch normatives Leben als inneren Dialog aufgefasst wissen. Ich möchte einen Thannhäuser sehen, der auf der Bühne hockt, über das Leben nachsinnt und seine Seele sucht. Venus und Elisabeth sind beides er, seine Seele, Wolfram doch auch, der Archetyp "Alter Weiser" oder "väterlicher Freund", die es alle in seine wagnerische Persönlichkeit zu integrieren gilt. Aber ich will definitiv keine Elisabeth als alternativlose Angela Merkel und die Wartburgsänger als Politikerriege von Gabriel über Ströbele bis Steinmeier dargestellt sehen.
Zugegeben das Meiste war gut und folgerichtig durchdacht, hätte aber zehn mal besser als Parodie funktioniert, wenn auch noch die Musik passend arrangiert und um mind. 45 Min gekürzt worden wäre (ein paar Rock-Songs oder Schmuse-Schlager hätte ich mir vorstellen können, vielleicht ein paar Zitate von Klassik-Kollegen.) Aber da traut man sich ja nicht ran. Wahrscheinlich wäre ich vor Lachen unter den Sitz gefallen und hätte am Ende frenetisch bei Standingovations mit den Füßen getrampelt.
Aber so? Ich glaube der Regisseur hat das wirklich ernst gemeint. Ich hätte den Mut haben sollen die Augen zu schließen, um einfach nur die Musik genießen zu können. Dann hätte ich auch nicht jedes Wort von Wagners überkanditeltem, schwurbeligem Text verstanden, was nun mal wahrlich kein Verlust ist... Elisabeth sang einfach fantastisch. Das Orchester hat sich mächtig gesteigert und blitzsaubere Bläserakkorde in den höchsten Höhen hingelegt. (Glückwunsch an alle Flöten!!) Dass manche Arien durch Radau wie Türengeklapper oder fliegende Mülltüten gestört worden ist, wäre dann der einzige Ärger gewesen. Ich muss mir unbedingt, wenn ich wieder zu Hause bin, den Thannhäuser auf dem Sofa liegend zu Gemüte führen, die Augen schließen mich in ein wunderschönes Opernhaus versetzten und meine Inszenierung vor dem geistigen Auge ablaufen lassen. Vielleicht kann ich danach dem Regisseur verzeihen. Er ist ja noch soo jung....Wagner ist halt wie Bach, einfach unkaputtbar. Prost Richie!